Newsletter Arbeitsrecht 03/25
Viertes Bürokratie-
entlastungsgesetz
Das Bürokratieentlastungsgesetz führt zu Formerleichterungen im Arbeitsrecht
Liebe Leserinnen und Leser,
wir freuen uns, Ihnen mit diesem Newsletter unsere erste Ausgabe im aktuellen Kalenderjahr präsentieren zu können.
Den Anfang machen wir mit zwei für die Praxis äußerst relevanten und aktuellen Themen, die der Jahreswechsel mit sich gebracht hat:
Dabei handelt es sich zum einen um die Auswirkungen des zum 1. Januar 2025 in Kraft getretenen Vierten Bürokratieentlastungsgesetzes (BEG IV) auf das Arbeitsrecht. Zum anderen beleuchten wir eine aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Anwendbarkeit der Kündigungsfristen aus § 622 BGB auf den GmbH-Geschäftsführer.
Wichtige neue Entscheidung im Arbeitsrecht
> BGH-Urteil zur Kündigung von GmbH-Geschäftsführern
BGH-Urteil vom 05.11.2024, Az. II ZR 35/23
Bürokratieentlastungsgesetzes
Auswirkungen des Vierten Bürokratieentlastungsgesetzes auf das Arbeitsrecht
Das Bürokratieentlastungsgesetz führt zu Formerleichterungen im Arbeitsrecht. Die für Ihre Praxis wesentlichen Aspekte werden wir im Folgenden beleuchten:
Änderungen im Nachweisgesetz
Nachdem bislang der Nachweis der wesentlichen Arbeitsbedingungen fast ausnahmslos – und bußgeldbewehrt – mittels strenger Schriftform (eigenhändiger Unterschrift) erfolgen musste, ist der Nachweis nun in vielen Fällen in Textform möglich. Damit ist für Arbeitgeber (endlich) der Weg frei, Arbeitsverträge und deren Änderungen rein digital – etwa im PDF-Format – aufzusetzen, per E-Mail zu versenden und von den (künftigen) Arbeitnehmern digital signieren zu lassen.
Als Wermutstropfen bleibt, dass das Gesetz weiterhin nicht unbeachtliche Ausnahmen kennt: So bleibt die strenge Schriftform für den Nachweis der wesentlichen Arbeitsbedingungen bestehen, wenn der Mitarbeiter dies verlangt. Zudem hält der Gesetzgeber die strenge Schriftform für bestimmte Branchen nach § 2a Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz aufrecht. Dazu zählen unter anderem zahlreiche und wichtige Branchen wie das Baugewerbe, das Hotel- und Gaststättengewerbe sowie das Logistikgewerbe.
In der praktischen Umsetzung muss der Arbeitgeber den Mitarbeitenden bei Übermittlung der wesentlichen Vertragsbedingungen auffordern, einen Empfangsnachweis abzugeben (§ 2 Abs. 1 S. 2 NachwG). Bei der digitalen Verwendung kann daher eine Lesebestätigung angefordert werden. Alternativ genügt die Aufforderung zur Erteilung eines Empfangsnachweises – ob dieser von dem Mitarbeitenden tatsächlich abgegeben wird, bleibt unbeachtlich. Für die Nachweispflicht nach § 2 NachwG reicht es aus, dass das Dokument dem Arbeitnehmer zugänglich gemacht ist.
Beschränkung der Textform auf die Regelaltersrentenbefristung (§ 41 Abs. 2 SGB VI)
Seit dem 1. Januar 2025 gilt die Textform zudem für Befristungsabreden auf den Eintritt der Regelaltersgrenze für den gesetzlichen Renteneintritt. Damit entfällt ein weiteres Hemmnis, welches bislang zu einem faktischen Schriftformzwang für Arbeitsverträge führte.
Wichtig: Für alle übrigen Befristungsabreden gilt weiterhin das Schriftformerfordernis nach § 14 Abs. 4 TzBfG. Abseits des allgemeinen Befristungsrechts können bestimmte Vertragsinhalte weiterhin die Einhaltung einer Schriftform erforderlich machen. Hierbei ist insbesondere an die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots zu denken (§ 74 Abs. 1 HGB).
Arbeitnehmer-Überlassungsverträge
Auch Arbeitnehmer-Überlassungsverträge können nach dem neuen Bürokratieentlastungsgesetz künftig in Textform und damit auch per E-Mail geschlossen werden.
Arbeitszeugnisse
Arbeitszeugnisse können nach dem neuen Bürokratieentlastungsgesetz mit Einwilligung des Arbeitnehmers statt in Schriftform auch in elektronischer Form erteilt werden. Ist die elektronische Form gem. § 126a BGB vorgegeben, muss der Aussteller der Erklärung seinen Namen hinzufügen und das elektronische Dokument mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur versehen. Der Arbeitgeber muss demnach das Zeugnis mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur versehen. Eine qualifizierte elektronische Signatur (QES) ist eine durch die Verordnung (EU) Nr. 910/2014 geregelte Form der elektronischen Signatur, die im Rechtsverkehr die handschriftliche Unterschrift ersetzt. Sie werden von bestimmten Vertrauensdienstanbietern herausgegeben, die von staatlich bestimmten Stellen zertifiziert werden.
Formerleichterungen rund um die Elternzeit in 2025
Weitere Formerleichterungen folgen im Laufe des Jahres 2025. So können Eltern, deren Kinder ab dem 1. Mai 2025 geboren werden, ihren Anspruch auf Elternzeit (§ 16 Abs. 1 BEEG n.F.) sowie ein Verlangen nach Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit in Textform – also etwa per E-Mail – gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen (§§ 15 Abs. 5, 7 BEEG-n.F.). Gleichzeitig ist der Arbeitgeber berechtigt, das Verlangen auf Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit in Textform mit Begründung abzulehnen (§ 15 Abs. 4, 7 BEEG-n.F.).
Wichtig: Für Kinder, die vor dem 1. Mai 2025 geboren werden, bleibt es bei der bisherigen Regelung.
Diese Neuregelung ist für Arbeitgeber zweischneidig, da ein beispielsweise per E-Mail gestellter Antrag leichter übersehen werden kann. Die Mitarbeitenden insbesondere der Personalabteilung, jedoch auch Vorgesetzte, sind daher hinsichtlich der erleichterten Formvorgaben zu sensibilisieren. Bei einer Ablehnung in Textform – etwa per E-Mail – sollte zudem, etwa durch eine Lesebestätigung, der Nachweis der erfolgreichen Zustellung der Ablehnung sichergestellt werden.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das neue Bürokratieentlastungsgesetz zwar ein Schritt in die richtige Richtung ist und die Digitalisierung im Arbeitsverhältnis fördert, jedoch nicht alle bürokratischen Hürden beseitigt. Insbesondere die Tatsache, dass viele Arbeitsverträge Schriftformklauseln enthalten, stellt eine Herausforderung dar und erfordert ein hohes Maß an bürokratischem Aufwand. Da die Schriftform nicht vollständig in allen arbeitsrechtlich relevanten Bereichen durch die Textform ersetzt worden ist, ist umso mehr auf eine saubere und vollständige Vertragsgestaltung zu achten. Gerne unterstützen wir Sie dabei, Ihre digitalisierten Vertragsprozesse rechtssicher zu gestalten und die Vertragsmuster an die neuen Formvorgaben anzupassen. Sprechen Sie uns hierzu gerne an.
Wichtige neue Entscheidung im Arbeitsrecht
BGH-Urteil vom 05.11.2024 / Kündigung GmbH-Geschäftsführer
Der BGH entschied, dass bei einer außerordentlichen Kündigung des Anstellungsvertrags eines GmbH-Geschäftsführers aufgrund vertraglich vereinbarter wichtiger Gründe die Erklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB gilt. Weiterhin entschied der BGH, dass die in § 622 Abs. 1 und 2 BGB geregelten Kündigungsfristen, die zum Nachteil des Geschäftsführers grundsätzlich nicht abdingbar sind, auf einen GmbH-Geschäftsführer, der kein Mehrheitsgesellschafter ist, entsprechend anzuwenden sind. Dies gilt auch dann, wenn er Geschäftsführer der Komplementärin einer GmbH & Co. KG ist und den Anstellungsvertrag unmittelbar mit der Kommanditgesellschaft abgeschlossen hat.
Auswirkungen
Dieses Urteil hat weitreichende Bedeutung für die Kündigung von GmbH-Geschäftsführern. Es stärkt den Kündigungsschutz von Geschäftsführern, die nicht Mehrheitsgesellschafter sind, indem es die Anwendung der gesetzlichen Kündigungsfristen des § 622 BGB bestätigt. Die Klarstellung zur Anwendbarkeit der Erklärungsfrist bei außerordentlicher Kündigung bietet zudem mehr Rechtssicherheit.
Schlussfolgerung
Das BGH-Urteil vom 5. November 2024 liefert wichtige Klarstellungen zum Kündigungsschutz von GmbH-Geschäftsführern. Es unterstreicht die Bedeutung der gesetzlichen Kündigungsfristen und der Erklärungsfrist bei außerordentlicher Kündigung. Die Entscheidung dürfte zu mehr Rechtssicherheit im Bereich der Geschäftsführeranstellungen beitragen und ergänzt gewissermaßen die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 25.07.2023, Az. 9 AZR 43/22, in der entschieden worden war, dass das deutsche Urlaubsrecht auch für GmbH-Fremdgeschäftsführer gilt. Dies gilt nach dieser Entscheidung jedenfalls dann, wenn Fremdgeschäftsführer so in die Abläufe des Arbeitgebers eingebunden sind, dass sie als Arbeitnehmer im Sinne des Europarechts anzusehen sind.
Die nationale Rechtsprechung nimmt also immer öfter für Fremdgeschäftsführer einer GmbH den Status eines Arbeitnehmers an.
Ihr Ansprechpartnerin
Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an:
Nora Loof
Fachanwältin für Urheber- und Medienrecht
Fachanwältin für Arbeitsrecht
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