Aktuelles aus dem Vergaberecht - Geplante Reform in NRW
Das Land Nordrhein-Westfalen plant eine umfassende Reform des kommunalen Vergaberechts. Die Landesregierung hat einen Gesetzentwurf zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften eingebracht, der tiefgreifende Änderungen bei sogenannten „Unterschwellenvergaben“, d.h. Auftragsvergaben, bei welchen der Auftragswert unterhalb der in § 106 GWB geregelten Schwellenwerte liegt, vorsieht (LT-Drs. 18/3597). Höherrangiges Recht bleibt von dem Gesetzesvorhaben des nordrhein-westfälischen Landesgesetzgebers unberührt, sodass im Oberschwellenbereich keine Änderungen erfolgen.
1. Anlass und Kern des geplanten Entwurfs
Der Gesetzentwurf zielt maßgeblich darauf ab, die kommunalen Vergaberegelungen im Unterschwellenbereich zu vereinfachen.
Kern des neuen Konzepts ist die Einführung eines neuen § 75a in der Gemeindeordnung NRW. Der Entwurf des § 75a GO NRW („Allgemeinen Vergabegrundsätze“) verlangt in Abs. 1 fortan lediglich, dass Kommunen sich bei der Vergabe an die Prinzipien von Wirtschaftlichkeit, Effizienz, Sparsamkeit, Gleichbehandlung und Transparenz halten. Flankierend soll der bisherige § 26 der Kommunalhaushaltsverordnung aufgehoben werden, welcher die Kommunen im Unterschwellenbereich bislang zur Anwendung von UVgO und VOB/A (Abschnitt 1) verpflichtet. Die darin enthaltenen Verfahrensvorgaben würden somit im Unterschwellenbereich nicht mehr ohne explizite Einbeziehung in das konkrete Vergabeverfahren gelten.
Den Gemeinden soll dadurch mehr Handlungsspielraum gewährt und zeitgleich eine Entlastung durch Bürokratieabbau ermöglicht werden. Zudem bezweckt der Gesetzgeber die Stärkung des Qualitätskriteriums bei der Auswahl des Vertragspartners. Unter Anlehnung an das sog. “Schweizer Modell”, bei dem nicht zwangsläufig das günstigste, sondern das wirtschaftlichste Angebot ausgezeichnet werde, sollen nach dem Willen des Gesetzgebers durch die Reform Kriterien wie Qualität, Zweckmäßigkeit und Betriebskosten ein höheres Gewicht bekommen und die Kommunen nachhaltiger und qualitativ hochwertiger beschaffen können.
2. Einordnung
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf würde Nordrhein-Westfalen neue Akzente im kommunalen Vergaberecht setzen. Unterhalb der EU-Schwellenwerte stünden fortan Flexibilität und Eigenverantwortung der Kommunen stärker im Vordergrund. Das kann Entlastung schaffen, innovative Beschaffungsansätze fördern und zu einem schnelleren Abschluss von Auftragsvergaben führen. Allerdings birgt die geplante Reform zudem das Risiko, dass ohne standardisierte Regelungen die Vergleichbarkeit und Transparenz zwischen unterschiedlichen Vergaben leiden könnte. Auch die Gefahr lokaler Ungleichheiten in der Vergabepraxis ist nicht auszuschließen, da sich nach dem Gesetzesentwurf jede Gemeinde – flankierend zu den vorgenannten Grundsätzen – eigene Vergaberegelungen durch Satzungsbeschluss auferlegen kann (§ 75a Abs. 2 GO NRW i. E.).
Denkbare lokale Unterschiede bei den einzuhaltenden Bestimmungen dürften die Übersichtlichkeit für alle Beteiligten nicht unerheblich erschweren. Aus Bieterperspektive bietet die Reform im Falle ihrer Umsetzung somit Anlass zur besonders aufmerksamen Prüfung der einzuhaltenden Regularien. Gleichsam dürfte für Kommunen im Interesse der Vermeidung möglicher Rechtsunsicherheiten zukünftig ein kompetentes und gut geschultes Vergabemanagement von noch stärkerer Bedeutung sein – hierbei beraten wir Sie selbstverständlich gern.
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Johannes Brückmann
Rechtsanwalt
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