Immobilien richtig vererben und verschenken

Wer Immobilien an die Kinder weitergibt, stolpert leicht über steuerliche Fallstricke. In Potsdam informierte ein Expertenteam über alle Aspekte der richtigen Übertragung. Eine Notarin, eine Steuerberaterin, ein Sachverständiger und ein Streitbörger-Fachanwalt für Erbrecht vermittelten im Zusammenspiel ihrer Fachgebiete anwesenden Eltern und erwachsenen Kindern erstmals ein Gesamtbild vom „Geben mit der warmen Hand“.

„Die Immobilie, die Familie und die Steuer“ – um die rechtzeitige Planung der Vermögensübertragung ging es am 7. September in Potsdam. Wie lenkt man die Erbschafts-, Schenkungs- oder Grundsteuern durch richtige Gestaltung, um erhebliche Summen zu sparen? Was bietet sich an im Rahmen dessen, was rechtens ist und das Finanzamt als zulässig erachtet. Eingeladen hatte das Wealth Management & Private Banking der Commerzbank in Potsdam. Der Gastgeber selbst referierte nicht, sondern ermöglichte die Veranstaltung als Service für seine Kunden und andere Interessierte.

Die Vorträge und Fragerunden jeweils im Anschluss richteten sich keineswegs nur an sehr Vermögende, sondern durchaus auch an den typischen Eigenheimbesitzer wie das Ehepaar aus Potsdam, das nach einem langen Arbeitsleben das Familienhaus und eine weitere, sehr kleine Immobilie besitzt und diese Werte an ihre vier Kinder weitergeben möchte. „Wir wissen jetzt nicht nur was, sondern auch wie wir dies gestalten können“, sagte die Ehefrau im anschließenden Gespräch bei Getränken und einem Imbiss.

 

Expertenteam informiert über alle Aspekte der Vermögensübertragung

Die vier Potsdamer Experten arbeiten auch in ihrem beruflichen Alltag eng zusammen. Notarin Dr. Miriam Strack informierte über Alternativen zur „Direkten Übertragung“, wie etwa die Gründung von Familiengesellschaften, was „ein kniffliger Akt“ sein könne, wenn Minderjährige beteiligt seien und sich das Familiengericht zu deren Schutz einschalten kann. Auch das beliebte „Berliner Testament“ kam auf den Tisch. Es regelt, dass beim Tod eines Ehepartners das Vermögen zunächst an den verbliebenen Partner geht, und erst nach deren oder dessen Tod weiter an die Kinder. War dies den meisten Zuhörern noch vertraut, so galt dies kaum für die Modifikation als Zweckvermächtnis, auch „Supervermächtnis“ genannt. Bei größeren Vermögen ermöglicht dieses ein „Durchreichen“ steuerlicher Vorteile durch den verbliebenen Ehepartner an die Kinder, wobei es allerdings sehr viel zu beachten gelte.

Der öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken Knut Mollenhauer führte in die Welt von Wertgutachten ein, in die Auswirkungen der neuen Regelungen für die Grundsteuer und „Wertverluste“ von Immobilien durch Nießbrauchs- oder Pflegevereinbarungen. Gemeint ist damit der steuerliche Wert, was die zu zahlenden Schenkungs- oder Erbschaftssteuern enorm senken kann. Er warnte aus seiner Berufserfahrung dringend davor, Pflegevereinbarungen auf eigene Faust zu treffen, statt Fachleute einzuschalten. „Das geht daneben, glauben Sie mir!“

Fach-Steuerberaterin Melanie Held von der Dr. Knabe GmbH Steuerberatungsgesellschaft vermittelte, welche Regelungen die Finanzämter eher anerkennen, und welche nicht. So sei über einige Instrumente wie die „Familienheimschaukel“ und eben das das „Supervermächtnis“ noch nicht höchstrichterlich entschieden worden. Solche Konstruktionen seien damit zwar keineswegs ausgeschlossen, müssten aber im Zusammenwirken der Berater aus den unterschiedlichen Fachgebieten sehr genau formuliert sein, um im Zweifelsfall Bestand zu haben, die Beratung sei dafür „zwingend erforderlich“. Auch gelte es gewisse „Schamfristen“ einzuhalten, die zwar nirgendwo genau festgelegt seien, aber von erfahrenen Steuerberatern recht gut eingeschätzt werden könnten.

Dr. Thorsten Purps, Fachanwalt für Erbrecht und Zertifizierter Testamentsvollstreckeram Potsdamer Streitbörger-Standort vertiefte das Prinzip „Schenken als Gegenleistungsgeschäft“ eben durch Nießbrauch oder Pflegevereinbarungen von der rechtlichen Seite. Die daraus zu erzielenden Steuervorteile setzten in aller Regel voraus, „dass die Familie gut funktioniert“, sich also Eltern und Kinder gut verstehen. Dass die Ehe „nicht nur emotionale, sondern auch steuerliche Bedeutung“ habe, sei zwar nichts Neues. Vieles ändere sich aber aktuell. So habe gerade eine politische Diskussion um das Ehegattensplitting begonnen. Auf jeden Fall, wie auch in allen Fragen der Schenkung und des Vererbens, sei jetzt der Zeitpunkt, sich zu kümmern, ehe neue Gesetze in Kraft treten. Überhaupt sei es gerade für die Generation der um die Sechzigjährigen wichtig, nun die notwendigen Regelungen zu treffen, statt es zu einem Geben mit der kalten Hand“ kommen zu lassen, das für die Erben enorme Steuerlasten bedeuten kann. Auch Pflichtteils-Regelungen müssten rechtzeitig getroffen werden. Es gehe schlicht darum, „zu bewahren, was Sie in Ihrem Leben erwirtschaftet haben.

Die Gäste zeigten sich „sehr angetan“, wie es die Mutter von vier Kindern mit zwei Häuschen ausdrückte. Eine andere Teilnehmerin sagte, sie habe sich als „neugieriger Mensch“ gerade aus dem Zusammenspiel der Experten aus vier Fachgebieten viel mitgenommen. „Denn wenn man über 50 ist und Kinder hat, sollte man sich allmählich einmal Gedanken machen.“

Mehr zum Thema „Vererben“ erfahren Sie aus einem Video mit Dr. Thorsten Purps.

 

Foto: Die Referenten – Sachverständiger Knut Mollenhauer, Notarin Dr. Miriam Strack, Fachanwalt für Erbrecht Dr. Thorsten Purps und Fach-Steuerberaterin Melanie Held.