Newsletter Arbeitsrecht 11/21

„3G am Arbeitsplatz“
Orientierungshilfe für Arbeitgeber

Am 24.11.2021 ist das „Gesetz zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und weiterer Gesetze anlässlich der Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ in Kraft getreten.

Liebe Leserinnen und Leser,

am 24.11.2021 ist das „Gesetz zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und weiterer Gesetze anlässlich der Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ in Kraft getreten. Es stellt Arbeitgeber vor große rechtliche und organisatorische Herausforderungen.

Kern der gesetzlichen Neuregelung im betrieblichen Kontext ist eine Neufassung des § 28b Infektionsschutzgesetz (IfSG), die schon vor Inkrafttreten unter dem Stichwort „3G am Arbeitsplatz“ in der Öffentlichkeit für Diskussionen sorgte. Die Vorschriften gelten bis zum 19.03.2022 und können durch Bundestagsbeschluss maximal um drei weitere Monate verlängert werden.

 

Folgende Neuregelungen sind wichtig:

 

Nachweispflicht

Arbeitgeber und Beschäftigte dürfen Arbeitsstätten, in denen physische Kontakte zwischen Personen nicht auszuschließen sind, nur betreten, wenn sie geimpft, genesen oder negativ getestet sind („3G“) und einen entsprechenden Nachweis zur Kontrolle verfügbar oder beim Arbeitgeber hinterlegt haben. Gleiches gilt für Transporte von Beschäftigten zur oder von der Arbeitsstätte, die der Arbeitgeber durchführt. Eine Ausnahme von den Nachweispflichten besteht lediglich, um ein Testangebot des Arbeitgebers wahrzunehmen oder um sich in der Arbeitsstätte impfen zu lassen. Noch strengere Anforderungen gelten zum Beispiel für Krankenhäuser, Arztpraxen und Pflegedienste.

Als „Arbeitsstätte“ gelten beispielsweise auch Lagerräume und Kantinen. Homeoffice-Arbeitsplätze als auch die Einsatzorte von Außendienstmitarbeitern bei Kunden gelten nicht als Arbeitsstätten im Sinne des § 28b Abs. 1 IfSG, sodass eine entsprechende Nachweis- und Kontrollpflicht ausscheidet. Sofern die jeweiligen Kunden jedoch hausinterne 3G-Regelungen für Besucher aufstellen, könnten Außendienstmitarbeiter ohne 3G-Nachweis ggf. ihre arbeitsvertraglichen Pflichten nicht mehr ordnungsgemäß erfüllen, sodass arbeitsrechtliche Konsequenzen denkbar wären.

Die Möglichkeit physischer Kontakte liegt bereits vor, wenn in der Arbeitsstätte ein Zusammentreffen mit anderen Personen nicht ausgeschlossen werden kann. Ein direkter Körperkontakt ist nicht erforderlich. Diese Voraussetzung liegt also in alle Regel vor.

Ein Testnachweis muss den Anforderungen nach § 2 Nr. 7 der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung vom 08.05.2021 genügen. Möglich ist demnach ein Selbsttest vor Ort unter Aufsicht entsprechend unterwiesener Personen, eine Testung unmittelbar durch den Arbeitgeber oder von ihm beauftragte Personen, die die dafür erforderliche Ausbildung oder Kenntnis und Erfahrung besitzen, oder ein Test, der von einem Leistungserbringer nach § 6 Abs. 1 der Coronavirus-Testverordnung vorgenommen oder überwacht wurde. Unbeaufsichtigte Selbsttests genügen den Anforderungen nicht.

Antigentests, die unter den vorstehenden Voraussetzungen durchgeführt wurden, dürfen maximal 24 Stunden zurückliegenden, während für PCR-Tests ein Zeitraum von maximal 48 Stunden gilt. Maßgeblich für die jeweilige Gültigkeitsdauer ist laut BMAS ausschließlich der Zeitpunkt der betrieblichen Zugangskontrolle.

Beschäftigte sind selbst für die Beschaffung der Testnachweise verantwortlich und dürften daher – auch wenn dies gesetzlich bislang nicht ausdrücklich geregelt ist – zur Übernahme der Kosten verpflichtet sein. Allerdings können Beschäftigte zum Nachweis sowohl die kostenfreien Bürgertests als auch freiwillige oder nach der Corona-ArbSchV weiterhin 2x pro Woche verpflichtenden Testangebote des Arbeitgebers in Anspruch nehmen, sofern diese den Anforderungen eines ordnungsgemäßen Testnachweises entsprechen. Auch hier gilt: Nicht unter geschulter Aufsicht durchgeführte Selbsttests genügen den gesetzlichen Anforderungen nicht.

Wenn Beschäftigte einen Nachweis verweigern, ist dies – jedenfalls, wenn im Einzelfall keine Homeoffice-Tätigkeit möglich ist – kein ordnungsgemäßes Angebot der Arbeitsleistung und gleichzeitig eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung. Demnach dürfte eine unbezahlte Freistellung möglich sein, da ohne ordnungsgemäßes Angebot der Arbeitsleistung kein Annahmeverzug nach § 615 BGB eintritt. Auch arbeitsrechtliche Sanktionen (Abmahnung, im Wiederholungsfall ggf. sogar Kündigung) kommen in Betracht.

 

Kontroll- und Dokumentationspflicht

Arbeitgeber sind gemäß § 28b Abs. 3 IfSG verpflichtet, die Einhaltung der vorstehenden „3G“-Verpflichtungen durch Nachweiskontrollen täglich zu überwachen und regelmäßig zu dokumentieren. Arbeitgeber und Beschäftigte sind verpflichtet, die entsprechenden Nachweise auf Verlangen vorzulegen. Auch insoweit gelten für bestimmte Unternehmen und Betriebe nach § 28b Abs. 2 IfSG verschärfte Anforderungen.

Erforderlich ist eine effiziente betriebliche Zutrittskontrolle, die eine lückenlose Umsetzung der Nachweispflicht zum Status geimpft, genesen oder getestet sicherstellt.

Laut BMAS reicht es grundsätzlich aus, am jeweiligen Kontrolltag Vor- und Zunamen der Beschäftigten auf einer Liste abzuhaken, wenn der Nachweis erbracht wurde, ohne zu dokumentieren, um welche Art Nachweis es sich handelt (Grundsatz der Datenminimierung). Sofern Beschäftigte einen Impf- oder Genesenennachweis vorlegen, können Arbeitgeber diese Beschäftigten jedoch nach entsprechender Dokumentation (bei Genesenen inklusive Enddatum des Status) im Anschluss von den täglichen Zugangskontrollen ausnehmen. Die Dokumentation kann auch digital erfolgen.

Ein Fragerecht nach dem Impfstatus besteht auch nach der Gesetzesänderung nur in bestimmten Einrichtungen wie Kitas oder Pflegeheimen. Außerhalb dieser Einrichtungen müssen Beschäftigte auf die Frage nach ihrem Impfstatus somit weiterhin nicht antworten und sind trotz Impfung oder Genesung auch dazu berechtigt, Testnachweise vorzulegen.

Arbeitgeber dürfen nun die personenbezogenen Daten zum Impf-, Genesenen- und Teststatus verarbeiten, soweit dies zum Zwecke der Nachweiskontrolle erforderlich ist. Die Daten dürfen auch zur Anpassung des betrieblichen Hygienekonzepts auf Grundlage der Gefährdungsbeurteilung nach §§ 5, 6 ArbSchG verwendet werden, soweit dies erforderlich ist. Die üblichen datenschutzrechtlichen Vorgaben sind einzuhalten. Es ist sicherzustellen, dass die Daten nicht an Unbefugte (auch nicht an Kolleginnen und Kollegen) gelangen. Spätestens sechs Monate nach Erhebung müssen die Daten gelöscht werden.

Bei Verstößen gegen Kontroll- und Mitführungspflichten von 3G-Nachweisen drohen nach dem IfSG Bußgelder von bis zu 25.000,00 Euro. Auch bei Verstößen gegen die DSGVO sind empfindliche Bußgelder möglich.

 

Homeoffice-Angebot

Die Arbeitgeber sind verpflichtet, Beschäftigten im Fall von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten anzubieten, diese Tätigkeiten im Homeoffice auszuführen, wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen. Die Beschäftigten haben dieses Angebot anzunehmen, soweit ihrerseits keine Gründe entgegenstehen. Die Norm entspricht der am 30.06.2021 ausgelaufenen Regelung in der Corona-ArbSchV. Ein Rückgriff auf die hierzu aufgestellten Maßstäbe – insbesondere zu ggf. entgegenstehenden zwingenden betriebsbedingten Gründen – ist daher ohne weiteres möglich.

 

Corona-ArbSchV

Neben den aufgeführten Neuregelungen gelten die bisherigen Regeln der Corona-ArbSchV zum betrieblichen Infektionsschutz bis einschließlich 19.03.2022 unverändert fort. Arbeitgeber sind daher insbesondere weiterhin verpflichtet, in ihren Betrieben mindestens zweimal pro Woche Antigen-Schnell- oder Selbsttests anzubieten. Auch die Verpflichtung zur Erstellung bzw. Anpassung eines betrieblichen Hygienekonzepts auf Basis einer Gefährdungsbeurteilung besteht weiterhin, genauso wie die einschlägigen Regelungen zur Maskenpflicht und zur gleichzeitigen Nutzung von Räumen durch mehrere Personen. Arbeitgeber müssen zudem weiterhin Beiträge zur Erhöhung der Impfbereitschaft leisten, indem sie Beschäftigte über die Risiken einer COVID-19 Erkrankung und bestehende Möglichkeiten einer Impfung informieren, die Betriebsärzte bei betrieblichen Impfangeboten unterstützen sowie Beschäftigte zur Wahrnehmung außerbetrieblicher Impfangebote freistellen.

 

Fazit

Diese Auflistung dient als erste Orientierungshilfe, ohne abschließende Geltung zu beanspruchen. Wie sich im gesamten Pandemiezeitraum gezeigt hat, werden diverse Fragen erst im Zuge der praktischen Umsetzung der Regelungen aufkommen und von Arbeitgebern kreative Lösungen erfordern. Insbesondere bleibt abzuwarten, ob das BMAS von der in § 28b Abs. 6 IfSG eingeräumten Möglichkeit Gebrauch machen wird, die neu eingeführten Pflichten durch Rechtsverordnung näher zu konkretisieren.

Ihr Ansprechpartnerin

Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an:

Streitbörger PartGmbB
Friederike Streitbörger
Adenauerplatz 4
33602 Bielefeld

Friederike Streitbörger, Rechtsanwältin für Arbeitsrecht in Bielefeld